Interne Nachfolge

Fallstricke bei Unternehmensübergaben

Eine Auswahl von Konfliktursachen, die sich mit ausreichender Vorbereitung und qualifizierter juristischer Beratung weitestgehend vermeiden lassen. 

Text: Markus Spiecker; Fotos: Jan Schmitz

Jede Unternehmensübergabe birgt das Potenzial für Konflikte, besonders wenn der oder die Nachfolger Familienmitglieder sind. Die Medien berichten ausführlich über gerichtliche Auseinandersetzungen in den Familien Albrecht (ALDI), Haub (Tengelmann) und anderen. Zwar geht es dort um Großunternehmen, doch die Problematik ist bei kleinen und mittelständischen Unternehmen dieselbe. 

LEBENSWERK  hat sich über ausgewählte Fallstricke bei der Unternehmensübergabe in mittelständischen Unternehmen mit den Rechtsanwälten Dr. Cornelius Kruse, LL.M. und Dr. Stephan Löwisch, LL.M. von der Kanzlei Aulinger unterhalten. 

Aulinger ist eine Mittelstandskanzlei mit Büros in Bochum und Essen. Insgesamt rund 50 Rechtsanwälte, von denen elf auch Notare sind, sind spezialisiert auf alle wesentlichen Aspekte des Wirtschaftsrechts. Dr. Cornelius Kruse und Dr. Stephan Löwisch sind Fachanwälte für Handels- und Gesellschaftsrecht. Gemeinsam mit weiteren Kollegen sind beide Juristen auf Unternehmensnachfolgen spezialisiert. 

LEBENSWERK: Eine Situation, die eigentlich in allen mittelständischen Unternehmen früher oder später akut wird: Der Betrieb soll an einen Nachfolger übergeben werden. Welche Fallstricke sind da zu vermeiden? 

Dr. Cornelius Kruse ist Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

Dr. Cornelius Kruse: Fallstricke hängen von konkreten Situationen ab. Pauschale Kategorisierungen werden den Besonderheiten des Einzelfalls zumeist nicht gerecht. So muss in der Beratung die familiäre und die Unternehmenssituation in den Blick genommen werden. Hieraus ergeben sich regelmäßig die relevanten Probleme anstehender Unternehmensnachfolgen, häufig liegen hier aber auch die Ressourcen und Chancen für eine erfolgreiche Gestaltung solcher Nachfolgen.

Fallstricke hängen auch von der Perspektive ab: Den Patriarchen, der das Unternehmen aufgebaut und jahrzehntelang geführt hat, bewegen häufig andere Themen als den zur Nachfolge berufenen oder einen von der Nachfolge ausdrücklich ausgeschlossenen Abkömmling.

Uns erscheint es aufgrund der Erfahrungen in diesem Bereich jedenfalls nützlich, häufig auch alternativlos, fachkompetente Berater – übrigens nicht nur Juristen – einzubinden, um Fallstricke zu erkennen und möglichst zu vermeiden. Dies sollte nicht erst geschehen, wenn der Unternehmer bereits familienintern „seine Entscheidung“ verkündet hat und nun nur noch „umgesetzt“ werden soll. Stattdessen ist externer Rat gerade bei der Vorbereitung einer solchen, in ihren Auswirkungen weitreichenden Entscheidung von großem Wert.  

LEBENSWERK: Ist es nicht schwierig, als Berater das Vertrauen aller Beteiligten zu gewinnen?

Dr. Stephan Löwisch: Das ist in der Tat eine Herausforderung. Von Vorteil ist es, wenn man als Berater das Unternehmen oder den Inhaber bereits langjährig durch Höhen und Tiefen begleitet hat. Dann ist zumeist die Vertrauensbasis bereits vorhanden. 

Hinsichtlich der weiteren Beteiligten schaffen neben fachlicher Kompetenz vor allem transparentes und verlässliches eigenes Verhalten Vertrauen. Das wiederum ermöglicht es, Prozesse mit Akzeptanz der Beteiligten zu moderieren und inhaltlich zu begleiten.  

Wir schalten auch gerne den Steuerberater des Unternehmens in die Lösungsfindung ein. Mit ihm besteht im familiengeführten Mittelstand fast immer ein langjähriges Vertrauensverhältnis.  

LEBENSWERK: Inwieweit erweisen sich innerfamiliäre Spannungen als Fallstricke? 

Dr. Cornelius Kruse: Sehr oft; gerade das macht die Beratung von Familienunternehmen so anspruchsvoll. Festzustellen ist ein Zusammenspiel verschiedener Kräfte. Neben rechtlichen und kaufmännisch-wirtschaftlichen Erwägungen sind immer auch persönliche und soziale Aspekte von Bedeutung, liegen aber häufig nicht so klar zutage.  

Fallstricke können auch durch den Versuch entstehen, innerfamiliäre Spannungen zu vermeiden. Ganz konkret: Ein Unternehmer hat zwei Kinder. Um Spannungen zu vermeiden und die Nachkommen gerecht zu behandeln, soll das Unternehmen beiden Kindern jeweils hälftig übertragen werden. Das ist in der Praxis auf lange Sicht häufig nicht sinnvoll. Der im familiären Kontext verständliche Wunsch der Eltern zur Gleichbehandlung ihrer Kinder kann nicht ohne Weiteres bei der Unternehmensnachfolge angewendet werden. An erster Stelle muss – auch im Interesse der Familie – der Schutz des Unternehmens stehen; dabei helfen starke Entscheidungsstrukturen im Unternehmen. Patt-Situationen (wie im Falle von 50-50-Beteiligungen) können dazu führen, dass entscheidende strategische Beschlüsse nicht getroffen werden können, wodurch das Unternehmen nachhaltigen Schaden nehmen kann. Aber keine Regel ohne Ausnahme: Auch bei einer Konstellation wie der vorgenannten lässt sich durch sorgfältige Gestaltung der Verträge ein Patt verhindern, ohne dass ein Abkömmling sich als „Kind 2. Klasse“ fühlen muss. 

Dr. Stephan Löwisch ist Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

Dr. Stephan Löwisch: Ein Fallstrick aus den von Dr. Kruse beschriebenen Zusammenhängen ist mangelnde Kommunikation. Wir raten unseren Mandanten, alle Familienmitglieder und weitere Betroffene frühzeitig zu informieren, sachlich wie emotional mitzunehmen und in den Diskussionsprozess einzubeziehen. Über seine Nachfolge entscheiden kann am Schluss nur der Unternehmer selbst. Es ist für eine einvernehmliche Lösung aber fatal, wenn sich einer der Betroffenen mangels ausreichender Informationen ausgeschlossen oder übervorteilt fühlt, daraus Streit zwischen den Beteiligten entsteht und im Ergebnis vielleicht sogar Gerichte eingeschaltet werden. Das ist das schlimmste aller Szenarien. Es kann nicht nur Unternehmen zerstören, sondern auch Familien. 

LEBENSWERK: Gibt es noch weitere Fallstricke? 

Dr. Stephan Löwisch: Einige. Die Rechtsform des Unternehmens, die steuerrechtlichen Rahmenbedingungen, die vertragliche Gestaltung der Unternehmensnachfolge, die Verknüpfung mit testamentarischen Regelungen und nicht zuletzt externe Einflüsse, wie beispielsweise die konjunkturelle Entwicklung in der Branche und der Gesamtwirtschaft. Das sind jedoch Fallsticke, die sehr individuell von der Situation des einzelnen Unternehmens geprägt werden.

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