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Studie des IfM Bonn – Unternehmensübergabe

Oft kommt es anders als gewünscht bei der Übergabe eines Unternehmens

Text: Dr. Nadine Schlömer-Laufen, Dr. André Pahnke und Dr. Susanne Schlepphorst Fotos: IfM Bonn und DIfU

Die Übergabe eines Unternehmens gelingt nur, wenn ein Nachfolger oder eine Nachfolgerin gefunden wird – andernfalls muss es stillgelegt werden.

Das IfM Bonn hat erstmals für Deutschland untersucht, wie viele Unternehmen innerhalb des geplanten Übergabezeitraums stillgelegt werden – und welche Faktoren darauf wirken.

Nicht allen Inhabern und Inhaberinnen von übergabereifen Unternehmen gelingt es, trotz intensiver Bemühungen ihre Übergabepläne zu realisieren. Rund jeder vierte Betrieb, dessen Übergabe zwischen 2012 und 2016 angedacht war, wurde letztlich doch stillgelegt. Das bedeutet zugleich: Im selben Zeitraum gelang gut drei von vier – und damit dem Großteil – aller übergabereifen Betriebe der Fortbestand. Doch worin unterscheiden sich die stillgelegten von den fortbestehenden Betrieben?  

Attraktivität und Zukunftsaussichten entscheidend

Unseren Untersuchungen zufolge verbleiben eher größere Betriebe am Markt. Mit durchschnittlich sieben Beschäftigten waren die stillgelegten Betriebe deutlich kleiner als die weiter bestehenden Betriebe. In diesen waren im Durchschnitt 16,6 Personen beschäftigt. Überdies zeichneten sich die fortbestehenden Betriebe vor der geplanten Übergabe durch eine gute Ertragslage, einen hohen technischen Anlagenstand und eine größere Exportorientierung aus.

Um einen Nachfolger oder eine Nachfolgerin zu finden, muss der Betrieb also über eine gewisse wirtschaftliche Attraktivität verfügen, die eine Fortführung aus Sicht der Nachfolgeinteressierten lohnenswert erscheinen lassen. Es empfiehlt sich daher, dass jeder Alteigentümer und jede Alteigentümerin sich zu Beginn der eigenen Rückzugspläne ein realistisches Bild vom Betriebszustand machen: Bietet der Betrieb eine ausreichende Ertragsgrundlage? Wie ist der Stand der technischen Anlagen? Hat das Geschäftsmodell de facto eine Zukunftschance? Kurzum: Bestehen ausreichend Anreize für Nachfolger und Nachfolgerinnen, den Betrieb zu übernehmen? Sind diese Grundbedingungen nicht gegeben, wird eine Nachfolgesuche schwieriger. Kann kein Nachfolger oder keine Nachfolgerin gefunden werden, müssen die Übergabepläne verworfen und die Betriebe stillgelegt werden. Dasselbe gilt für die Fälle, in denen Verhandlungen zwischen Übergabe- und Nachfolgerinteressent scheitern und aus Sicht der Alteigentümer und Alteigentümerinnen eine erneute Nachfolgersuche nicht umsetzbar ist. Eine solche Stilllegungsentscheidung ist für jeden Inhaber bzw. jede Inhaberin persönlich schwer – insbesondere, wenn ursprünglich eine Fortführung angestrebt wurde. Ein „Scheitern der eigenen unternehmerischen Tätigkeit“ bedeutet dies aber nicht – vielmehr stellt die Stilllegung nach Abwägung von Erfolgsaussichten und der mit Übergabe verbundenen Kosten eine ökonomisch-rationale unternehmerische Entscheidung dar. Hierauf deuten auch die von uns festgestellten, rückläufigen Investitionsausgaben der später stillgelegten Betriebe im Vorfeld der Stilllegung hin.

Weniger Risiken bei Übergaben in der Familie

Ein weiterer Befund unserer Studie zeigt, dass diejenigen übergabereifen Betriebe, für die eine familieninterne Übergabe angestrebt wurde, häufig fortbestanden. Dies erstaunt kaum, schließlich ist die Nachfolgesuche innerhalb der Familie deutlich einfacher, Übergebende und Übernehmende kennen sich und der Kaufpreis spielt keine oder nur eine untergeordnete Rolle.

Allerdings – und das darf nicht vergessen werden – agieren Familienmitglieder ebenso ökonomisch-rational wie andere Nachfolgeinteressenten: Auch sie sind nur dann zur Fortführung des Unternehmens bereit, wenn sie mit dessen Übernahme über einen bestimmten Zeitraum hinweg einen höheren Nutzen erzielen als beispielsweise aus einer abhängigen Beschäftigung oder aus der Gründung eines eigenen Unternehmens. Bei Familienmitgliedern basiert dieser Nutzen jedoch – anders als bei familienextern Nachfolgenden – nicht allein auf den zu erwartenden Gewinnen des Betriebs, sondern auch auf dem sogenannten „sozio-emotionalen Wert“ (englisch: „socio-emotional wealth“, wie z.B. Reputation oder Identität), den sie aus dem Betrieb ziehen.

Gerade Inhaber und Inhaberinnen kleinerer Betriebe, bei denen abzusehen ist, dass eine familieninterne Nachfolge schwierig zu realisieren sein wird, sollten sich daher frühzeitig und realistisch mit den Übergabe-Chancen für ihren Betrieb auseinandersetzen. Es empfiehlt sich in diesen Fällen, alternative Einkünfte im Hinblick auf die spätere Altersvorsorge aufzubauen. Gelingt der Unternehmensverkauf letztlich doch, stellt der erzielte Verkaufspreis eine zusätzliche Einnahme für den Altersruhestand neben dem aufgebauten Sicherheitspolster dar.

Übergabeprozess aus Sicht der Alteigentümer und Alteigentümerinnen

Dr. Nadine Schlömer-Laufen ist Projektleiterin im Institut für Mittelstandsforschung (IfM) Bonn, Dr. André Pahnke und Dr. Susanne Schlepphorst sind wissenschaftliche Mitarbeiter. Sie beantworten gerne Ihre Fragen unter presse@ifm-bonn.org.

Leseempfehlungen zum Thema:

  • Pahnke, A.; Schlepphorst, S.; Schlömer-Laufen, N. (2021): Herausforderungen der Unternehmensübergabe: Unternehmen zwischen Fortführung und Stilllegung, in: IfM Bonn: IfM-Materialien Nr. 286, Bonn.
  • Kay, R.; Suprinovič, O.; Schlömer-Laufen, N.; Rauch, A. (2018): Unternehmensnachfolgen in Deutschland 2018 bis 2022, in: IfM Bonn: Daten und Fakten Nr. 18, Bonn.
  • Schlepphorst, S.: Notfallkoffer in der Unternehmensnachfolge, in: IfM Bonn, YouTube-Kanal „Der Mittelstand – kurz und knapp“.
  • Schlepphorst, S.: Unternehmensnachfolge planen, in: IfM Bonn, YouTube-Kanal „Der Mittelstand – kurz und knapp“.
  • Schlömer, N.; Kay, R. (2008): Familienexterne Nachfolge – Das Zusammenfinden von Übergebern und Übernehmern, in: IfM Bonn: IfM-Materialien Nr. 182, Bonn.

DIfU – Literaturtipps

Die genannten Literaturempfehlungen und Videos zum Thema Unternehmensnachfolge aus dem Beitrag des IfM Bonn finden Sie auch unter den Literaturtipps des DIfU: https://www.difu.org/unternehmensverkauf/literaturtipps-zum-thema-unternehmensverkauf/

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