Die eigene Firma online zu verkaufen – fast wie bei eBay – ist für viele Chefs hierzulande noch undenkbar. Aber das ändert sich schnell.

Text: Claas Syrt Möller Foto: stock.adobe.com

Im Internet sind zwar eine ganze Reihe Unternehmensbörsen oder Nachfolgeplattformen zu finden, aber in Deutschland spielen sie erst eine geringe Rolle. „In Großbritannien stehen auf der größten Unternehmensbörse 35.000 Anzeigen, in Frankreich sind es sogar 40.000“, sagt Nicolas Rädecke, Geschäftsführer der Deutschen Unternehmerbörse DUB.de. „Alle einschlägigen deutschen Portale zusammengenommen veröffentlichen hierzulande 8.000.“ Nicht nur werde die Unternehmensverkaufskultur im angelsächsischen Raum stärker gelebt, auch die Übergabe an externe Nachfolger sei in Deutschland noch immer etwas mit einem Makel behaftet. Inzwischen jedoch bevorzugen 50 Prozent der Altchefs und ‑chefinnen eine externe statt einer familieninternen Nachfolge, wie nicht nur die KfW, sondern auch DUB.de herausfand. Hier ist also offenbar ein Wandel angebrochen. So wie auch Immobilien- und Datingportale eine Zeit brauchten, bis sie sich etabliert haben, gingen auch Jahre ins Land, bis sich Unternehmensnachfolgebörsen eingebürgert haben. Aber ihre Zeit scheint aus noch einem anderen Grund gekommen: Die Generation der 50- bis 60-Jährigen kann inzwischen gut mit dem Internet umgehen. Generell spielen Nachfolgebörsen bei Deals zwischen 0,5 und fünf, ausnahmsweise zehn Millionen Euro eine Rolle. Zahlreiche Börsen werden von Beratern betrieben, die sie als eines von vielen möglichen Suchwerkzeugen im M&A-Prozess einsetzen – die Tabelle zeigt nur einige von ihnen. Aber selbst im Fall einer offenen Börse ist die Beratung durch Profis dringend anzuraten. Die Begleitung beim Unternehmensverkauf oder Unternehmenskauf durch M&A-Berater kostet in der Regel ein bis fünf Prozent des Unternehmenswertes, bei sehr kleinen Betrieben können es bis zu zehn Prozent sein.

Ein Firmenangebot oder ‑gesuch sollte bestimmte Basisinformationen enthalten, um Interessenten einen groben Überblick zu ermöglichen. Aus Furcht, das Unternehmen könnte identifiziert werden, wird das Inserat vielfach zu ungenau gehalten – mit dem Ergebnis, dass niemand wirkliches Interesse entwickeln kann. Bei DUB.de wurde in früheren Zeiten auch das operative Ergebnis abgefragt, was aber zu einer hohen Abbruchquote bei der Eingabe des Inserats führte. Darum nahm man diese Kennzahl dann wieder heraus. Zu ungenaue Angaben senken nicht nur bei Angeboten die Erfolgschance, sondern auch bei Gesuchen. Einem Gründer, dessen Suchprofil zu allgemein gehalten ist, traut ein Senior-Unternehmer möglicherweise nicht zu, gerade sein Unternehmen zum Erfolg zu führen. Auch das andere Extrem kommt oft vor: Das Anforderungsprofil an den Nachfolger wird viel zu detailliert formuliert; gerade in Deutschland suchen Unternehmer zu häufig sich selbst – nur 40 Jahre jünger.

Die Börsen sind ein sinnvolles Tool für M&A-Deals; wie hoch ihre Erfolgsquote ist, lässt sich jedoch nicht genau messen. Das liegt schon an methodischen Fragen: Wenn ein M&A-Berater eingeschaltet wird, der eine Anzeige konzipiert und sie in einer Unternehmensbörse schaltet, ist der erfolgreiche Deal dann dem Berater oder der Börse zuzuordnen? Bedeutende M&A-Berater nutzen jedenfalls regelmäßig mehrere Plattformen. Das allein scheint schon für das Werkzeug der Nachfolgebörse zu sprechen. Übrigens bricht möglicherweise bald eine gute Zeit für die Nachfolgebörsen an, da die Corona-Krise die Unternehmensnachfolge aus zwei Gründen befeuert – einerseits weil sie in ihren Auswirkungen der Finanzkrise 2008/2009 ähnelt, die zahlreiche Unternehmenswechsel nach sich zog, und andererseits durch den Digitalisierungsschub, den Corona derzeit auslöst.

Betreiber der größten deutschen Nachfolgebörse nexxt-change.org (6.500 Inserate, davon 6.000 Angebote) ist das Bundeswirtschaftsministerium. Inserieren ist gratis, aber nur möglich über Regionalpartner wie Industrie- und Handelskammern; Anzeigen werden spätestens nach zwei Jahren automatisch gelöscht. Vermittlungen seit 2006 laut Betreiber: 18.000.

Deutschlands größte private Unternehmensbörse (Mitgesellschafter: Handelsblatt) ist DUB.de – mit derzeit knapp 1.000 Inseraten (Kosten: 359 Euro/3 Monate) für Transaktionen zwischen 0,5 und 5 Millionen Euro Jahresumsatz samt integrierter Beraterbörse. Über 50 Prozent der Anzeigen stammen von solchen Transaktionsberatern. Neu: eine Insolvenzbörse.

Deutschlands drittgrößte Unternehmensbörse ist biz4.sale (Gründer war 2004 die Industrieholding Stemas AG). Inserieren ist gratis, Upgrades sind möglich. Eine automatische Benachrichtigung ist möglich, sobald ein zum Inserat passender Treffer eingeht. Rund 500 Inserate stehen online. Sie werden nach 90 Tagen gelöscht, können aber verlängert werden.

Seit über 15 Jahren vermittelt biz-trade.de gratis und direkt zwischen Interessenten und Verkäufern. Ein Netz ausgewählter Berater begleitet Übernahme-Deals. Diverse Rubriken (z.B.: Geschäftskonzept/Geschäftsidee, Vermietung/Verpachtung, Erfindung, Franchise/Lizenz, Mantelgesellschaft, Gewerbeimmobilie/Objekt) erlauben Detailsuchen.

An ein Netzwerk mit 17 Beratern in Deutschland, der Schweiz und Österreich angebunden ist die Unternehmensbörse concess.de. Bei Abschluss eines Vermittlungsmandats kann ein Angebot oder Gesuch auf der Website platziert werden. Nach Unternehmensangaben sind ständig 200 Verkaufsmandate online, die zu 30 bis 40 Abschlüssen im Jahr führen.

Nils Koerber, aus einer Bremer Unternehmerfamilie stammend, gründete vor 16 Jahren die kern-unternehmensnachfolge.com. Dieses Beraternetzwerk ist an über 20 Standorten in den DACH-Ländern aktiv und seinerseits intensiv vernetzt. Angeschlossen ist eine Online-Nachfolgebörse als Tool, das der Suche nach dem richtigen Match dient.

Primär Kaufinteressenten spricht stabwechsel.de an. Dort präsentieren sich vor allem natürliche Personen (MBI-Kandidaten) und mittelstandsaffine Finanzinvestoren. Die Registrierung ist gratis; die Stabwechsel-Coaches erhöhen die Erfolgsaussichten. Gelingt ein Deal, fällt ein Erfolgshonorar (etwa drei Prozent des Kaufpreises) für die Plattform inklusive Berater an.

Auf Firmenzukaufen.de stehen Angebote dauerhaft kostenfrei (Gesuche: 195 Euro/6 Monate, Beraterregistrierung: 300 Euro/6 Monate, beliebig viele Inserate). Alle Inserate erscheinen auch auf Partnerbörsen (Niederlande, Belgien, Spanien). Derzeit gibt es rund 265 Inserate, davon knapp 48 Gesuche. Nachfragen bei Inserenten halten das Angebot aktuell.

Speziell für Architektur- und Ingenieurbüros gibt es seit 2014 nachfolge-boerse.de. Inserate (derzeit rund 75 online) sind gratis, Matching-Kontakte werden gegen Gebühr hergestellt. Neben Gesuchen und Angeboten sind auch Partnerschafts- und Kooperationssuchen möglich. Die betreibende Dr.-Ing. Preißing AG bietet diverse M&A-Dienstleistungen an.

Was im Inserat stehen sollte:

  • Wer will was warum verkaufen?
  • Versetzen Sie sich in die Gegenseite: Was würde Sie interessieren?
  • Mindestinfos: Unternehmensgröße (anhand von Umsatz, Mitarbeiteranzahl), Branche, eventuell Detailbranche, Region, Kundenstruktur (B2B oder B2C).

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