Text Miriam Leschke; Foto: Peter Wieler

Die Essener Privatbrauerei Jacob Stauder steht seit 1867 für Braukunst in höchster Qualität. Mit den beiden Cousins Thomas und Axel Stauder ist bereits die sechste Generation am Ruder, die den Familienbetrieb fit für die Zukunft macht.

Die Geschichte des Familienunternehmens begann im Jahre 1867, als der bayrische Bierbrauergeselle und Fassbinder Theodor Stauder die untergärige Brauweise in das damals noch kleine Landstädtchen Essen brachte und so die Stauder-Brautradition begründete. Sein Sohn Jacob Stauder verlegte den Sitz des Familienunternehmens auf eigenen Grund und Boden nach Altenessen und ließ die neue Brauerei 1888 unter seinem Namen in das Königlich Preußische Firmenregister eintragen.

Über 150-jährige Brautradition

Während des Ersten Weltkrieges erbte Caspar Stauder das Geschäft, der es auch durch die Weltwirtschaftskrise manövrierte. Darauf folgte sein Sohn Hans-Jacob Stauder, der die Brauerei durch die Wirren des Zweiten Weltkrieges führte und den Betrieb zum 100-jährigen Bestehen 1967 an seine Söhne Claus und Rolf Stauder übergab. Rolf Stauder kam am 23. Oktober 2004, zwei Monate vor der Unternehmensübergabe an die sechste Generation, bei einem Unfall ums Leben. Seit dem 1. Januar 2005 wird das Unternehmen, das heute rund 100 Mitarbeiter beschäftigt, nun von Axel und Thomas Stauder, beide Jahrgang 1967, geführt. Die beiden Cousins feierten 2017 mit ihrer Belegschaft das 150-jährige Jubiläum der Privatbrauerei.

So musste in den vergangenen 15 Jahrzehnten jede neue Generation unterschiedlichste Krisen und Marktveränderungen bewältigen – von Kriegen und Inflation über den Strukturwandel und den Konzentrationsprozess im Biermarkt in den 1970/80er Jahren bis hin zur gegenwärtigen Corona-Krise. Im Wettbewerb mit Großbrauereien und Konzernen, die den Bierpreis stark nach unten drückten, hatte die fünfte Unternehmer-Generation die Qualitätsmarke Stauder bereits erfolgreich in hochrangigen Hotels und der Gastronomie etabliert.

Kontinuität, Persönlichkeit und Verbundenheit zur Region

„Mein Vetter Axel und ich führen diese Strategie unserer Väter fort, indem wir unsere Stärken als alteingesessene familiengeführte Brauerei wie Tradition und handwerkliche Braukunst, Persönlichkeit, Kontinuität und regionale Verwurzelung als überzeugende Vorteile für die Verbraucher und Kunden herausstellen. In einem schrumpfenden Markt geht es als Familienunternehmen vor allem darum, persönlicher als die Wettbewerber und näher an den Menschen dran zu sein“, sagt Thomas Stauder. Der promovierte Betriebswirtschaftswissenschaftler leitete vor seinem Eintritt in das Familienunternehmen das Corporate Controlling bei der Unternehmensgruppe Tengelmann.

Die Privatbrauerei und ihre Geschäftsführer bekennen sich zu ihrem Heimatstandort Essen, indem sie sich vor Ort etwa im Sport, im sozialen Bereich und in der Kultur engagieren. „Axel und ich haben uns damals ganz bewusst dazu entschlossen, das Familienunternehmen als Namensträger in der sechsten Generation weiterzuführen“, betont Thomas Stauder. „Eine solche Entscheidung fällt man auch nicht von heute auf morgen, sondern das ist natürlich ein Entscheidungsprozess, der bei uns so knapp zwei Jahre gedauert hat, in denen wir uns eingehend mit den Geschäften der Brauerei beschäftigt und ausführliche Gespräche mit allen Beteiligten einschließlich der Belegschaft geführt haben.“

„Vor zehn Jahren sind wir in der Kommunikation in die Offensive gegangen, indem wir als Geschäftsführer mit unseren Gesichtern selbst Teil der Stauder-Werbekampagne geworden sind“, berichtet der Brauereichef. Neben der Plakat-Werbung ist die Essener Privatbrauerei mit dem eigenen Onlineshop auch im Internet und den sozialen Medien wie Facebook, Instagram und Youtube aktiv. „Uns ist es wichtig, die Möglichkeiten der digitalen Medien komplett auszuschöpfen und wir freuen uns darüber, dass wir zum Beispiel über Instagram, wo wir seit 2018 vertreten sind, ein breites Feedback bekommen“, sagt Thomas Stauder.

Gelebte Unternehmensphilosophie

Oberste Prämisse der Privatbrauerei ist es, eine konstant hohe Qualität zu liefern. „Unsere Biere zeichnen sich durch ihren ganz besonderen Charakter und harmonischen Geschmack aus, die das Ergebnis traditioneller Braukunst, bester Rohstoffe wie die persönlich ausgesuchten Aromahopfen und einer schonenden Reifung in aller Ruhe sind“, erklärt der Geschäftsführer. Flaggschiff des Biersortiments ist natürlich das Stauder Premium Pils mit seiner feinherben Note. Mit den Jahren ist die Produktpalette immer größer geworden – jüngster Neuzugang im Sortiment ist der Stauder-Bierlikör.

Bei der Produktion steht auch heute noch die handwerkliche Braukunst im Mittelpunkt. Moderne Technologie tritt dort hinzu, wo sie die Qualität verbessert und Arbeitsabläufe optimiert. Für die Brautechnik ist Axel Stauder der Experte, der Brauwesen und Getränketechnologie an der TU München/Weihenstephan studiert hat und im Anschluss einen MBA in Barcelona erwarb. Bis 2004 arbeitete er in leitender Position bei Alnatura. Gemeinsam konnten die beiden Brauereichefs die Gastronomiekompetenz ihres Unternehmens weiter ausbauen, indem sie auf eine konsequente Markenführung und einen außergewöhnlichen Kundenservice setzen. Auch was die Mitarbeiterführung und -bindung angeht, ist die Privatbrauerei, die ein beliebter Ausbildungsbetrieb ist, sehr fortschrittlich. So sind viele Mitarbeiter bereits seit mehreren Jahrzehnten für das Familienunternehmen tätig. Darüber hinaus stellte das Traditionsunternehmen im vergangenen Jahr mit dem 33-jährigen Marc Tintel den bundesbesten Brauer-Azubi, was die Ausbildungskompetenz der Essener noch einmal unterstreicht.

Meilensteine der jüngeren Firmengeschichte

In den mehr als 15 Jahren, in denen sie die Geschäfte der Privatbrauerei führen, haben Axel und Thomas Stauder einige Modernisierungsmaßnahmen durchgeführt, um den Familienbetrieb für die Zukunft zu wappnen. Mit dem Einbau einer neuen Abfüllanlage tätigten die Brauereichefs Anfang 2020 die größte Investition der letzten Jahrzehnte. „Wir haben im vergangenen Jahr einen neuen Flaschenfüller und eine neue Flaschenwaschmaschine angeschafft und in dem Zuge auch einen Großteil unseres Flaschenkellers renovieren lassen“, sagt Thomas Stauder. Die zwei Millionen Euro teure Modernisierung gestaltete sich recht aufwendig, da sich der „Flaschenkeller“ bei der Essener Brauerei im ersten Obergeschoss befindet, wohin die 37 Tonnen schwere Flaschenwaschmaschine mithilfe zweier Schwerlastkräne befördert werden musste.

„Diese Modernisierungsmaßnahme fiel genau mit dem Beginn der Corona-Pandemie zusammen“, berichtet der Geschäftsführer. „Um Lieferengpässe während des Einbaus der neuen Abfüllanlage auszuschließen, hatten wir uns vorab einen großen Vorrat an Leergut angelegt. Da wir anteilig mehr Fassbier als die Branche produzieren, sind wir dementsprechend auch abhängig von der Gastronomie. Das war aufgrund der coronabedingten Lockdowns in 2020 natürlich ein großes Problem. Erfreulicherweise konnten wir aber zumindest deutlich mehr Flaschenbier verkaufen. So kam es uns Mitte März, als der Einbau erfolgreich abgeschlossen war, dann sehr zugute, dass wir über ausreichend Leergut verfügten und die neue Anlage nun schneller und effizienter läuft als ihr Vorgänger.“ Zweifelsohne hat die Corona-Krise einen großen wirtschaftlichen Einschlag für das Familienunternehmen bedeutet, doch Thomas Stauder zieht dennoch keine durchweg negative Bilanz: „Die Verluste aus den Lockdown-Monaten müssen wir natürlich jetzt wieder abtragen und wir wissen, dass wir auch im nächsten Jahr noch nicht wieder das Absatzniveau vom Vorkrisenjahr 2019 erreichen werden“, so der Brauereichef. „Auf der anderen Seite sind wir bei dem strategischen Ziel, neue Konsumentengruppen für uns zu gewinnen und mehr Flaschenbier zu verkaufen, schneller vorangekommen als gedacht. Diesen Weg wollen wir auch weitergehen: Wir wollen die Menschen weiter davon überzeugen, dass Stauder ein herausragendes Qualitätsprodukt ist, das sein Geld wert ist.“

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