Wer sein Unternehmen abgeben möchte, sollte keinesfalls die Auswirkungen auf die privaten Rahmenbedingungen außer Acht lassen. Ein Interview mit Olaf Krings und Daniel Oyen von der von Plettenberg, Conradt & Cie. Family Office AG.

Text: Daniel Boss; Foto: Jochen Rolfes

Die Unternehmensnachfolge gilt in Familien, deren Mitglieder auch wirtschaftlich miteinander verbunden sind, als eines der heikelsten Themen. Worin liegt die große Herausforderung für alle Beteiligten?

Olaf Krings: Die Unternehmensnachfolge ist in der Tat ein Thema, das meist über einige Jahre sehr viel Raum einnimmt. Allein die Klärung der allerersten Fragen benötigt oft sehr viel Zeit: Soll das Unternehmen in der Familie bleiben, soll es von Teilen des bestehenden Managements übernommen werden oder ist ein Verkauf an externe Interessenten die vermutlich beste Lösung?

Lautet die erste Frage nicht vielmehr: Wie lässt sich der höchste Gewinn durch einen Verkauf erzielen – und das am besten steueroptimiert?

Olaf Krings: Nicht unbedingt. Es gibt ja auch Fälle von Schenkungen an die Kinder oder andere jüngere Verwandte. In der Regel steht allerdings in der Tat die Erzielung eines annehmbaren Erlöses recht weit oben auf der Agenda. Doch genau hier liegt der Knackpunkt. Denn was ist überhaupt ein annehmbarer Erlös?

Sie meinen jenseits der Ergebnisse einschlägiger Unternehmenswert-Berechnungen?

Daniel Oyen: In unseren Beratungen weisen wir immer auch auf die möglichen Verschiebungen der privaten Rahmenbedingungen hin. Es geht um den Vergleich des Status quo mit der Zeit nach dem Verkauf. Womit hat der Veräußerer bislang seinen Lebensunterhalt bestritten – hauptsächlich durch Ausschüttungen oder durch Geschäftsführer-Vergütungen? Welche Summe benötigt er oder sie, um den bekannten Lebensstandard weiterhin beibehalten zu können oder sich auch neue Wünsche zu erfüllen? Die private Finanzplanung für die Zeit des Ruhestands wird erstaunlicherweise auch von den erfahrensten Kaufleuten immer noch stark unterschätzt.

Ein Klassiker in diesem Zusammenhang ist, dass ehemalige geschäftsführende Gesellschafter noch eine Weile als Berater mit entsprechendem Vertrag fungieren.

Daniel Oyen: Unserer Erfahrung nach haben solche Beraterverträge aber oft nicht bis zum vereinbarten Ende Bestand. Das ist auch verständlich: Die Neuen am Ruder möchten – und müssen vielleicht auch – vieles anders machen. Das führt nicht selten zu Generationenkonflikten, die bekanntlich besonders heftig ausfallen können, wenn sie zwischen Eltern und Kindern ausbrechen. Sind namhafte und große Unternehmen betroffen, landen diese Streitigkeiten dann in den Medien.

Was raten Sie denn, um einen geräuscharmen, also weitgehend reibungslosen Übergang zu schaffen?

Olaf Krings: Wichtig ist eine Transparenz, die unter allen Beteiligten Vertrauen schafft. Es muss eine gemeinsame Basis geschaffen werden, auch bei Bewertungsthematiken. Wenn ich mehrere Kinder habe, aber nur eines von ihnen soll das Unternehmen übernehmen und führen, stellt sich automatisch die Frage nach dem Ausgleich der anderen Erben. Sollen diese überhaupt am Unternehmen beteiligt werden? Wie schaffe ich eine für alle Beteiligten als gerecht empfundene Aufteilung? Hier warten manchmal die größten Herausforderungen, auch für den weiteren langfristigen Familienfrieden.

Wäre es nicht überhaupt am einfachsten, ans Management oder an Externe zu veräußern und den Erlös dann „cash“ innerhalb der Familie aufzuteilen?

Daniel Oyen: Einen solchen rechtlichen und finanziellen „Schlussstrich“ ziehen Familienunternehmen selten, das kommt eher bei noch recht jungen Unternehmen, bei Start-ups, vor. Bei älteren Unternehmen spielt die Bewahrung der Tradition schon eine Rolle.

Kommen wir noch mal auf die steuerliche Effizienz: Welche Fallen lauern hier bei einem Verkauf?

Olaf Krings: Um Steuern zu sparen, werden die Erlöse beispielsweise in einer Kapitalgesellschaft belassen. Das kann unter bestimmten Umständen auch Sinn machen, insbesondere wenn die Gelder wieder investiert werden können. Aber wie ist die Situation, wenn nun private Themen im Vordergrund stehen? Denken wir beispielsweise an die schon immer erstrebte Ferienimmobilie oder das ersehnte Kunstobjekt. Wenn ich dann fortlaufend Ausschüttungen tätigen muss – und sei es nur für den laufenden Liquiditätsbedarf – schlägt das Pendel gegebenenfalls wieder in die andere Richtung. Damit wären wir wieder mitten in der privaten Finanzplanung. Wichtig ist daher, dass die Unternehmensnachfolge mit der weiteren Lebensplanung eng verzahnt wird.

Heißt: So früh wie möglich das Thema Unternehmensnachfolge angehen …

Daniel Oyen: Ja, denn das ist auch aktives Risikomanagement. Frühzeitiges Agieren ist schon allein deswegen so bedeutsam, weil man sich zunächst einen Überblick über die vorhandenen Strukturen verschaffen muss. Deswegen beginnen wir unsere Mandate grundsätzlich mit einer umfangreichen und sorgfältigen Analyse. Übrigens gehört zu einer verantwortungsvollen Nachfolgeregelung auch die Berücksichtigung des Erbfalls. Besonders unschön sind bis dato nicht bedachte Liquiditätsengpässe, wie sie typischerweise durch zu hohes Immobilienvermögen im Nachlass auftreten können.

Olaf Krings: Die frühzeitige Planung der Unternehmensnachfolge ist auch deshalb so wichtig, da diese nicht isoliert im Unternehmenskontext zu optimieren ist, sondern auch im Zusammenhang der gesamten familiären und finanziellen Voraussetzungen. Die Analyse der Wechselwirkungen zwischen den Ebenen und die Optimierung der „privaten“ Seite sind dabei unser Fokus, damit nach der geglückten Übergabe des Unternehmens keine neuen Baustellen auftauchen.

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